1 Grundsätze und Abläufe
2 Besondere Förderung in Klasse 5
3 Bewegungsförderung
4 Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten
5 Förderung des Sozialverhaltens
6 Qualitätsentwicklung
„Förderung setzt da an, wo ein Kind sich im Lernstoff und in der Lernatmosphäre sicher fühlt.“
Akzeptiert man diesen Leitsatz für schulische Förderung, muss man Organisationsformen finden, die diesem Anspruch gerecht werden. Es müssen Nischen geschaffen werden, die Kindern ermöglichen, sich wesentliche Elemente des Lehrplans unabhängig von der Klassenstufe zu einem individuellen Zeitpunkt ihrer Lernbiographie zu erarbeiten. Das setzt auch eine Lernatmosphäre voraus, in der das Kind arbeiten kann ohne Sorge und Furcht, sich zu blamieren und bloßgestellt zu werden. Geht man davon aus, dass Lernen an vielen Stellen des Lernprozesses die Unterstützung eines Lehrers braucht, reicht es nicht, Material zusammenzustellen, mit dem Kinder allein arbeiten können. Insbesondere Kinder mit erhöhtem Förderbedarf sind auf die Unterstützung, Begleitung und die Rückmeldung einer Lehrperson angewiesen. Viele Methoden, die im Regelunterricht erarbeitet wurden, haben diese Kinder (noch) nicht erlernt. Sie sind häufig weniger als der Rest der Lerngruppe in der Lage, sich allein etwas zu erarbeiten. Fazit: Das Förderkonzept muss sicherstellen, dass unabhängig vom Lernen der Klasse einzelnen Kindern individuelle Förderung im Dialog mit einer Lehrperson ermöglicht wird.
Kinder mit einem durch ein Gutachten bestätigten Förderbedarf wie z. B. Lernen werden im Rahmen der Inklusion ganz individuell gefördert (siehe dazu das Inklusionskonzept unserer Schule). Auch Kinder mit attestierten Diagnosen wie z. B. LRS, Autismus etc. erfahren eine ganz spezielle Förderung im Sinne eines individuellen Nachteilsausgleiches.
Wir gehen grundsätzlich von einer Förderstunde pro Klasse und Woche in den Kernfächern Deutsch und Mathematik in den Jahrgängen 5 bis 8 sowie in den Hauptschulklassen 9 und 10 aus. Hier gibt es einzelne Module, die ein Schüler zum erfolgreichen Weiterlernen braucht. Hat ein Kind z.B. die Methode des zählenden Rechnens der Grundschule noch nicht überwunden, kommt es zu massiven Problemen im Fach Mathematik. Die weitaus meisten Kinder wenden zu diesem Zeitpunkt das Prinzip des Bündelns in Zehner, Hunderter, Tausender und darüber hinaus wie selbstverständlich an. Erfahrungsgemäß hat es wenig Erfolg, dann einem Schüler im Klassenverband Material anzubieten, das ihm diese mathematischen Grunderfahrungen ermöglicht. Bekommt er aber die Lernchance, zusammen mit anderen Kindern diesen Bereich noch einmal handelnd zu bearbeiten, lösen sich häufig Lernwiderstände auf – oft in erstaunlich kurzer Zeit. Daraus folgt, dass das Förderkonzept sicherstellen muss, dass Inhalte auch aus weit zurückliegenden Unterrichtsabschnitten bearbeitet werden können.
Förderung in der Oberschule darf sich nicht auf die Aufarbeitung von Defiziten beschränken. Häufig sind es die begabten Kinder, die im Regelunterricht lustlos mitarbeiten, weil die Inhalte sie nicht herausfordern. Auch wollen sie erfahrungsgemäß nicht additiv mehr arbeiten (Zusatzaufgaben) oder ihre Zeit ausschließlich als Helfer für andere verbringen. Oftmals handelt es sich bei diesen Schülern auch um solche, die Techniken und Grundfertigkeiten nicht ausreichend festigen, weil sie die geforderten Ergebnisse zunächst ohne die neu erlernten Grundqualifikationen zustande bringen (Beispiel: richtig abschreiben – zunächst gelingt es begabten Kindern ohne die ‚Tricks’, später bei anspruchsvolleren Aufgaben fehlt ihnen diese Fertigkeit).
Für diese Schüler ist es eine wichtige Erfahrung, dass sie zusammen mit Kindern, die ähnliche Stärken wie sie zeigen, arbeiten können. Es entsteht ein lebendiger Austausch: Eine solche Förderung kann so in den Regelunterricht hineinwirken, dass sich Motivationsprobleme verringern. Ziel dieser Stunden ist es nicht, Stoff vorwegzunehmen, sondern Inhalte zu finden, die im Regelunterricht nicht bearbeitet werden, die Schüler mit besonderen Fähigkeiten aber fordern und die so zu ihrer Weiterentwicklung beitragen.
Die Fachlehrer, Förderschullehrer und Klassenlehrer eines Jahrgangs legen fest, welche Kinder wie gefördert werden. Sie sprechen – ausgehend von den Dokumentationen der individuellen Lernentwicklung und den individuellen Förderplänen – auch die Zeiträume und die Inhalte ab. Die Fachlehrer des Jahrgangs legen in Absprache mit den Förderlehrern der entsprechenden Klassenstufen jeweils fest, an welchen konkreten Inhalten gearbeitet wird. Dabei macht i.d.R. die Fachlehrkraft einen Vorschlag und gibt ggf. Arbeitsmaterial heraus. Häufig finden Fördermaßnahmen auch im Rahmen von Wochen- oder Themenplänen statt, wobei die Fachlehrkraft dann genauer spezifiziert, an welchen Aufgaben gearbeitet werden soll. Aufsteigend ab Klasse 5 entwickeln und arbeiten die Kollegen derzeit Differenzierungsmatrizen für die Fächer Deutsch und Mathematik, welche auf fünf verschiedenen Niveaustufen angelegt sind, um die Schülerinnen und Schüler je nach ihrem individuellem Lernstand sowohl inhaltlich als auch methodisch immer dort abzuholen, wo sie jeweils zu dem Zeitpunkt stehen.
Im ersten Halbjahr der Klasse 5 wird in Deutsch und Mathematik noch nicht klassenübergreifend gefördert. Zunächst sollen die Kinder sich in der Klasse orientieren und sicher fühlen, besonderer Förderbedarf kann erst nach einiger Zeit in der Schule formuliert werden.
Das erste Schuljahr an der Oberschule gliedert sich unter dem Aspekt ‚Förderung’ in verschiedene Phasen:
1.-3. Woche: Ankommen und Förderung der sozialen Kompetenzen durch die intensive Einbindung der Schulsozialarbeit in den dreiwöchigen Klassenlehrerunterricht.
1.-12. Woche: Screening und Hospitation durch die eingesetzte Förderlehrkraft, Schwerpunktförderung
13.-18. Woche: Schwerpunktförderung
Ankommen in Klasse 5 bedeutet für uns: Unterstützung der Klassenlehrer/innen durch einen Sozialpädagogen (s. unser Konzept ‚Die Arbeit in Klasse 5‘), Kennenlernen der Klassen und Kinder durch Hospitation, Beratung der Klassenlehrer bei Sitzordnung, ersten Problemen, Hinweise an Lehrer über Beobachtungen, Unterstützung einzelner Kinder im Unterricht.
Ab der zweiten Schulwoche arbeitet der Sozialpädagoge / die Sozialpädagogin im Bereich Screening und als Doppelbesetzung vorrangig in den Klassen, die über weniger Förderlehrerstunden verfügen können. Bis zu den Herbstferien führt jede Mathematik- und Deutsch-Fachlehrkraft mit allen Schülerinnen und Schülern der jeweiligen Klasse in Kleingruppen einen arithmetischen Eingangstest durch, um die Kinder rasch kennen zu lernen und eine Einschätzung ihrer mathematischen Vorkenntnisse und derer im Bereich des Faches Deutsch zu bekommen. Die Testgruppen werden während des Tests u. a. auch von dem Sozialpädagogen / der Sozialpädagogin oder einer anderen geeigneten Person (z.B. päd. Mitarbeiter/in) betreut. Die Auswertung liegt in den Händen des jeweiligen Fachlehrers. Die Ergebnisse werden in einem standardisierten Beobachtungsbogen festgehalten und stehen den Klassenlehrern zur Verfügung. Individuelle Fördermaterialien werden daraus abgeleitet und im Laufe des Schuljahres im Lerntraining bearbeitet. In Vorbereitung des Elternsprechtags im November wird gezielt mit Kindern mit beobachteten Besonderheiten gearbeitet, um eine fundierte Elternberatung bieten zu können.
Durch Doppelbesetzung unterstützen Förderschulkollegen und/oder Sozialpädagogen einzelne Klassen und Unterrichtsphasen. So lernen die Kinder sie/ihn kennen und sie/er kann die Kinder im Klassenverband beobachten und wie oben bereits erwähnt, teilweise unterstützen.
Die Anzahl der Kinder mit einem Förderbedarf im motorischen Bereich nimmt ständig zu. Sie benötigen weit mehr Übungsmodule zur Erweiterung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten, als der normale Sportunterricht zu vermitteln vermag. Daher soll diesen Kindern aus den Klassen 5/6 zusätzlich die Möglichkeit gegeben werden, am speziellen Sportunterricht einer Klasse mit Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung teilzunehmen. Beginn und Teilnahmedauer wird von den Sportlehrkräften in Absprache mit Eltern und Klassenlehrer/innen festgelegt. Das Ergebnis der Förderung wird im Lernentwicklungsbogen dokumentiert.
Eine Besonderheit an unserer Schule stellt eine Maßnahme zur besonderen Sportförderung dar, die von der Landesschulbehörde mit drei Verlagerungsstunden unterstützt wird. Ein Kollege aus dem Fachbereich Sport mit einer speziellen Qualifikation widmet sich hier insbesondere Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf im Bereich emotional-soziale Entwicklung.
Bei andauernden Problemen im Bereich Motorik wird den Eltern eine Vorstellung beim Kinderarzt empfohlen, der bei Bedarf eine Ergotherapie verordnet, die durch die an der Schule tätige Ergotherapeutin vorgenommen werden kann (vgl. unser Konzept ‚Ergotherapie‘). Die Förderung sportlich besonders begabter Schüler/innen geschieht über die Teilnahme an Projekten und durch Kontaktaufnahme mit entsprechenden Sportvereinen. Außerdem spielt hier unser umfangreiches zusätzliches Sportangebot im Rahmen unserer Sport-Schwerpunktbildung eine wichtige Rolle.
An unserer Schule werden Kinder mit einer festgestellten Lese-/Rechtschreibschwäche nach dem ‚Kieler Lese-/Rechtschreibaufbau‘ in einer kleinen Gruppe von höchstens zwölf Kindern gefördert. Die Eltern dieser Kinder melden sie dazu verbindlich an, damit eine kontinuierliche Förderung über ein Schuljahr hinweg gewährleistet ist. Die Förderung findet am Nachmittag außerhalb des regulären Unterrichts statt. Während der Förderphase wird den betroffenen Kindern und Jugendlichen i.d.R. ein Nachteilsausgleich gewährt, über den die jeweilige Klassenkonferenz befindet.
Der ‚Kieler Lese-/Rechtschreibaufbau‘ ist ein systematisch aufgebauter Lehrgang, der sich am Lernprozess des jeweiligen Kindes orientiert. Dabei sind bestimmte Fertigkeiten unabdingbar, wie z.B. Buchstaben überhaupt erst zu kennen, Laute zusammenziehen zu können oder die Bedeutung der gelesenen Wörter zu kennen (vgl. R. Hackethal‚ Praxis zum Kieler Leseaufbau und Kieler Rechtschreibaufbau). Die Kinder lernen teils spielerisch ihr Selbstvertrauen bezüglich ihrer Schwäche zu stärken und auch bewusster mit ihrer Schwäche umzugehen. Die Einübung der Fähigkeiten erfolgt auf akustischem, optischem und motorischem Wege. Methodisch wird dabei beispielsweise auf Lautgebärden, Wortlisten, Silbenbögen, lautgetreue Stufendiktate, Wörterspiele, aber auch auf Computerprogramme wie ‚Hexe HaDuLa’ zurückgegriffen.
Betroffene Kinder leiden häufig stark unter ihren mangelhaften Leistungen im Lesen und Rechtschreiben. Trotz größerer Anstrengung gelingt es ihnen nicht, das Niveau ihrer Klassenkameraden zu erreichen. Wir empfehlen Eltern in solchen Fällen dringend eine Beratung z.B. im ‚Beratungszentrum für Kinder, Jugendliche und Eltern‘ in Wilhelmshaven. Dies hat sich im Laufe der Jahre bewährt.
Die Schule unterstützt die positive Entwicklung des Sozialverhaltens der Schülerinnen und Schüler auf vielfältige Weise. Zum Programm gehören dabei unter anderem die Einstiegsphase, der Freiraum und der Trainingsraum, für die jeweils eigene Konzepte vorliegen. Als Einstieg eines sich über die gesamte Schulzeit hinziehenden Lernprozesses zum richtigen Umgang miteinander werden am Schuljahresbeginn Trainingsmodule zum Sozialen Lernen durchgeführt. Ebenso werden in Klasse 5 und 6 fest im Stundenplan integrierte Stunden im Fach Lions Quest für die Förderung der sozialen Kompetenzen bereitgestellt.
Die Inhalte und Methoden werden von den einzurichtenden Arbeitsgruppen aus den Klassen- und Fachlehrern der Doppeljahrgangsstufen 5/6, 7/8 und 9/10 erarbeitet. Als Orientierung und Arbeitsgrundlage für die auf die Schulstufen abgestimmten Inhalte dienen z.B. die Broschüren „Achtsamkeit und Anerkennung“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, „Schulstart Sekundarstufe, Förderung des Lern- und Sozialverhaltens“ aus dem Auer-Verlag sowie „Soziales Lernen“ in den Osternburger Materialien. Darüber hinaus werden die verschiedenen angebotenen Materialien laufend gesichtet. In Zusammenarbeit mit verschiedenen außerschulischen Bildungsträgern und der Polizei werden im Rahmen des Präventionskonzeptes aber auch auf Klassenfahrten Gewaltpräventionsprojekte mit Übungseinheiten zu den Themen Selbst- und Fremdwahrnehmung, Vertrauen, sowie Kooperation und Kommunikation durchgeführt.
Ein wichtiger Themenbereich ist das Lernen des Umgangs mit Menschen mit Behinderungen. Hier ergeben sich durch unseren Schulzweig für körperliche-motorische Entwicklung vielfältige Lernfelder im täglichen Umgang miteinander. Der Bereich „Umgang mit alten Menschen“ hat sowohl in den unteren als auch in den oberen Klassen durch die Kooperation mit dem Evang. Seniorenzentrum zahlreiche Anknüpfungspunkte wie Adventssingen der jüngeren Kinder oder Praktika ab Klasse 8 (u.a. Sozialpraktikum) erhalten und wird kontinuierlich fortgeführt und weiter ausgebaut.
Zu weiteren umfangreichen Maßnahmen in diesem Bereich vgl. unsere Konzepte ‚Prävention‘, ‚Erziehung‘ und ‚Trainingsraum‘.
Das hier vorgelegte Konzept bedarf der regelmäßigen Überprüfung und der konsequenten Weiterentwicklung und ist insofern in unser allgemeines Konzept zur Qualitätsentwicklung eingebunden.
Kerstin Martens, Koordinatorin Inklusion
Dr. Stefan Ahrens, Didaktischer Leiter
Stand: Mai 2020