Inklusionskonzept

Inklusion

Inklusion – Heterogenität: Unterricht, der alle erreicht

„Wenn für jede Schülerin und jeden Schüler die entsprechende Unterstützung bereitgestellt wird und wenn es gelingt, das gemeinsame Leben von Menschen mit ganz unterschiedlichen Besonderheiten vom Beginn des Lebens an zu Selbstverständlichkeit werden zu lassen, dann entspricht das dem Ziel der Inklusion, wie es in der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen vereinbart wurde.“ (Bildungsplan für geistig Behinderte)

Inklusion beginnt in den Köpfen.  Prinzipiell gilt: Inklusion für alle! Grundsätzlich wird jede Schülerin / jeder Schüler aufgenommen und dort abgeholt, wo sie / er steht, sei es sprachlich, körperlich-motorisch, emotional-sozial oder kognitiv. Auch die sogenannten „hochbegabten“ Kinder und Flüchtlingskinder mit nur sehr geringen Deutschkenntnissen sollen im Rahmen des Inklusionskonzeptes Berücksichtigung finden bzw. aufgefangen werden.

    1        Bedingungen

Um Inklusion sinnvoll praktizieren zu können, müssen zunächst wichtige Grundvoraussetzungen geschaffen werden bzw. es müssen bestimmte Grundbedingungen erfüllt sein. Dazu zählen besondere personelle, räumliche und sächliche Bedingungen.

Personelle Bedingungen:

Alle Klassen, die von Schülerinnen und Schülern mit einem Förderbedarf oder einem eventuellen Förderbedarf besucht werden, werden mit ausgebildeten Förderschullehrern versorgt. Dafür unterhalten wir eine gute Zusammenarbeit mit dem Förderschulzentrum der Stadt Wilhelmshaven. Weiterhin haben wir Kollegen und Kolleginnen, die sich in diesem Rahmen fortgebildet haben. Ein großer Teil des Kollegiums hat bereits an der intensiven NLQ-Inklusionsfortbildung teilgenommen. Die Fortsetzung dieser Maßnahme ist Teil unseres Fortbildungskonzepts. Auch die Vernetzung innerhalb unserer Schule durch die Förderschullehrerinnen und -lehrer aus dem KME-Zweig bietet viele Ressourcen. Diese ausgebildeten Förderschullehrer unterstützen die Regelschullehrer konkret und direkt im Unterricht, aber auch bei Gesprächen mit Eltern und Institutionen. Ihre Arbeit besteht somit aus Beratung, aber auch aus dem konkreten Unterricht in seiner Vor- und Nacharbeit. Dieses erfolgt immer in direkter Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Klassen- bzw. Fachlehrer. Manifestiert wird diese Zusammenarbeit durch einen Kooperationsvertrag zwischen der Marion-Dönhoff-Schule und dem Förderschulzentrum Wilhelmshaven.

Weiterhin erfahren unsere Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen Unterstützung durch eine große Anzahl von Doppelbesetzungen, vor allem hinsichtlich der Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Englisch. Wichtig ist außerdem die Zusammenarbeit mit mobilen Diensten und anderem sonderpädagogischen oder auch medizinisch-therapeutischen Fachpersonal, Dolmetschern (diese sollten über den kurzen Dienstweg verfügbar sein!), ErzieherInnen und EingliederungsassistentInnen (idealerweise auch Personen mit einer bestimmten Muttersprache, z. B. Arabisch). Der angeführten Liste können all unsere gelebten Kooperationen entnommen werden.

Schulinterne Unterstützungsmaßnahmen

  • individuelle differenzierte Beschulung innerhalb des Klassenverbandes
  • differenziertes Unterrichtsmaterial
  • Gruppenräume zur evtl. Arbeit in der Kleingruppe oder als Rückzugsmöglichkeit
  • Unterricht in Lehrerteams
  • Klassenlehrerteams
  • Einsatz von Förderschulkollegen
  • enge Zusammenarbeit mit dem KME-Zweig
  • enge Zusammenarbeit mit dem FreiRaum (sozialpäd. Arbeit, s. Konzept)
  • mehrere Schulsozialarbeiter
  • Einführungswochen
  • fortgebildetes Personal
  • enge Zusammenarbeit mit dem schulinternen Bereich „Deutsch als Fremdsprache“
  • enge Zusammenarbeit mit der Berufseinstiegsbegleitung

Externe Unterstützungsmöglichkeiten

  • enge Zusammenarbeit mit dem Förderzentrum
  • kontinuierliche Beschulung unserer Schüler durch Förderschullehrer aus dem Förderzentrum
  • regelmäßige Hospitationen durch das Landesgehörlosenzentrum
  • enge Zusammenarbeit mit der Schule am Borchersweg in Oldenburg zur Unterstützung der Kinder mit dem Förderbedarf „Sehen“
  • enge Zusammenarbeit mit dem Regionalen Zentrum für Inklusion in Wilhelmshaven
  • enge Zusammenarbeit mit dem Dezernat für „Deutsch als Fremdsprache“ der Landesschulbehörde
  • enge Zusammenarbeit mit dem städtischen Jugendamt und weiteren sozialen Einrichtungen
  • enge Zusammenarbeit mit Therapeuten und Ärzten
  • enge Zusammenarbeit im Rahmen der Sonderpädagogischen Grundversorgung hinsichtlich Autismus
  • enge Zusammenarbeit mit der Reha-Berufsberatung

Räumliche Bedingungen:

Wenn möglich sollte pro Klasse ein Gruppenraum zu Differenzierungszwecken zur Verfügung stehen.  Dieser Raum muss sinnvollerweise an den Klassenraum mit einem Sichtfenster und einer Tür angegliedert sein. Nur so ist ein stetiger Lernraumwechsel ohne Abgrenzung bzw. Ausgrenzung möglich. Außerdem müssen zusätzliche Förderräume mit entsprechenden Materialien eingerichtet werden. Es versteht sich von selbst, dass alle Räume der Schule auch für RollstuhlfahrerInnen zugänglich sein müssen. Je nach Förderbedarf einzelner SchülerInnen (z.B. Förderschwerpunkte Sehen und Hören) müssen die Räume individuell gestaltet bzw. mit Hilfsmitteln ausgestattet werden (Beim Förderschwerpunkt Hören kann bspw. ein Teppich notwendig werden o.ä.).

Sächliche Bedingungen:

Auch bestimmte sächliche Bedingungen müssen gegeben sein. Hier geht es zum einen um die Beschaffung / Finanzierung von Hilfsmitteln verschiedenster Art in Zusammenarbeit mit den mobilen Diensten (Sprachcomputer, Lesegeräte, Hör- und Kommunikationshilfen für Hörgeschädigte, …),  zum anderen um die benötigten Fördermaterialien (für den Förder- und Regelunterricht) und um den Therapiebedarf (Ergotherapie, Sozialtherapie). In enger Vernetzung mit dem KME-Bereich werden alle Kinder mit dem Förderbedarf Lernen in allen Jahrgängen mit Lehrwerken ausgestattet, die sie auf den Abschluss vorbereiten. Im Sinne der Inklusion erhalten diese Kinder aber auch die Regelschulwerke. Eine individuelle Beschulung steht somit an erster Stelle. Je nach individuellen Bedürfnissen wird auch im Einzelfall das Material ausgewählt.

Organisatorische Bedingungen:

Es muss eine enge Kooperation / Durchlässigkeit der Schulzweige (OBS und KME-Zweig) gewährleistet sein. So wird beispielsweise eine enge Anlehnung an das Konzept des KME-Zweiges für einige SchülerInnen mit besonderen Bedürfnissen sinnvoll sein. Handlungsorientierter Unterricht kommt allen Schülerinnen und Schülern unserer Schule entgegen! Im Stundenplan ist Raum für benötigte Therapien einzuplanen. Außerdem muss für die SchülerInnen mit besonderem Förderbedarf in enger Zusammenarbeit mit dem/r FörderlehrerIn eine Durchlässigkeit bzw. Flexibilität zwischen dem Förderunterricht und dem Regelunterricht (auch Kursunterricht) bestehen.  So können gute FörderschülerInnen auch probeweise oder generell in bestimmten Fächern am Regelunterricht teilnehmen. Zusätzlich müssen für SchülerInnen mit besonderem Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich Stunden freigegeben werden, in denen sie in gesonderten Räumen mit geschultem Personal (auch außerschulische Fachkräfte) regelmäßig Sozialtraining abhalten können.

An oberster Stelle steht somit für unsere Schule die enge Zusammenarbeit in den Klassenlehrerteams, welche in der Regel aus einem Klassenlehrer, einem Co-Klassenlehrer und einem Förderschullehrer bestehen. Diese tauschen sich regelmäßig aus und teilen Informationen an die weiteren unterrichtenden Kollegen der Klasse in Teamsitzungen mit.

Als organisatorische Unterstützung haben wir ein ausdifferenziertes Matrizensystem aufsteigend von Klasse 5 in den Fächern Deutsch und Mathematik in unserer Schule etabliert. Dieses soll im Laufe der Zeit auch auf das Fach Englisch ausgeweitet werden. Diese Matrizen dienen allen Kolleginnen und Kollegen als Orientierung hinsichtlich der Inhalte und der Klassenarbeiten. Für die Schülerinnen und Schüler bedeutet das, dass zu jeder Zeit eine Grundlage zur Differenzierung gegeben ist.

    2        Schulalltag an der Marion-Dönhoff-Schule

Unterschiedliche Kompetenzverteilung

Neben sehr schwachen und sehr leistungsstarken, eventuell sogar hochbegabten Schülerinnen und Schülern kommen in der inklusiven Lerngruppe auch solche mit unterschiedlichen Förderbedarfen dazu: Geistige Entwicklung, Lernen, Sozial-emotionale Entwicklung, Hören, Sehen, Autismus und Körperlich-motorische Entwicklung.

Unumgänglich ist selbstgesteuertes, entdeckendes, experimentierendes, von Neugier geprägtes Lernen. Fehler dürfen gemacht werden, niemand wird ausgelacht. Die Präsentation der eigenen Ergebnisse und Leistungen wird als wertschätzende Rückmeldung erfahren. Dabei bewegt sich die Dokumentation der eigenen Ergebnisse immer im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Eine individuelle Differenzierung sowohl im methodischen als auch im didaktischen Vorgehen ist eine Herausforderung für den/die LehrerIn, um die SchülerInnen dort abzuholen, wo sie stehen. Gleichzeitig ist ein gehaltvolles soziales Lernen für die MitschülerInnen wichtig, welches von Beginn an gefördert werden muss.

Wenn möglich, steht ein/e FörderlehrerIn in möglichst vielen Stunden zur Verfügung. Und dies nicht nur beratend, sondern auch unterrichtsbegleitend. Weiterhin werden Regelschullehrer in Form von Doppelsteckungen zur Unterstützung der vielen individuellen Lerncharaktere den Fachkollegen an die Seite gestellt. In regelmäßigen Abständen finden Gespräche im Team statt sowie Gespräche zwischen LehrerInnen, SchülerIn und Eltern. Idealerweise sind diese Termine fest im Stundenplan verankert und werden bei Bedarf erweitert.

Zusammen lernen – eine didaktische Chance

Inklusiver Unterricht erfordert mehr Vorbereitung, da mehrere Zugänge zum Unterrichtsgegenstand ermöglicht werden müssen. Die Zusammenarbeit mit dem/r FörderlehrerIn ist schon in der Planung / Vorbereitung sinnvoll und manchmal nötig. Optimal wäre eine durchgängige gemeinsame Durchführung. Leider lässt dies die momentane Unterrichtsversorgung mit FörderlehrerInnen nicht zu. Hier besteht Handlungsbedarf. Wenn nötig werden Eingliederungsassistenten beantragt, die den jeweiligen Schüler / die Schülerin unterstützen und so die Teilnahme am Regelunterricht besser ermöglichen.

Allen Klassen der Marion-Dönhoff-Schule stehen faktisch mehrere stundenweise abgeordnete FörderschullehrerInnen vom Förderschulschulzentrum sowie Förderschullehrer aus dem inklusiven hausinternen Bereich und auch aus dem KME-Zweig zur Verfügung. So können die SchülerInnen mit besonderem Förderbedarf vorzugsweise in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik individuell beschult werden. Diese gemeinsame Unterrichtsversorgung und Planung kommt allen SchülerInnen (auch den Regelschülern mit ihren jeweiligen Besonderheiten wie Sprache und Hochbegabung etc.) zu Gute. Zusätzliche Thematiken müssen am Rande mitversorgt werden.  Für die Zukunft wünschen wir uns eine bessere und weiter reichende Unterrichtsversorgung.

Der entscheidende Bereich ist die gemeinsame Diagnostik, Planung, Vorbereitung und Auswertung des Unterrichts. Dafür sind die verbindlichen Teamsitzungen für alle in einer Klasse tätigen LehrerInnen und sonstiges Personal nötig. Ein gemeinsamer Austausch über die SchülerInnen ist Grundvoraussetzung. Im Anschluss wird halbjährlich ein individueller Förderplan (schulinterne Software) für die SchülerInnen mit besonderem Förderbedarf erstellt. Für alle anderen Schüler kann dies bei Bedarf ebenfalls erfolgen, ansonsten wird nur der individuelle Entwicklungsplan erstellt.

Indem über alle Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung und Auswertung gesprochen wird, verändert sich die Wahrnehmung durch die Pädagogen und es wird zunehmend mehr und mehr erkennbar, was jede und jeder einzelne Lernende an Stärken im Unterrichtsprozess und in die Klassengemeinschaft einbringen kann.                                                

Unterschiedliche Schülerprofile

Es gibt sehr unterschiedliche Schülergruppen mit unterschiedlichen Profilen und unterschiedlichen Handlungsorientierungen:

Die leistungsstarken Schüler:

Enrichment (zusätzliche Aufgaben), besondere Forschungsaufgaben, Präsentation eigener Arbeiten, Unterstützer für Schwächere, Förderband (vgl. unser allgemeines Förderkonzept).

 

Sozial-emotional herausfordernde Schüler:

Diese wollen häufig im Mittelpunkt stehen und besonders viel Beachtung finden, wenn nicht durch gute Beiträge, dann durch auffälliges Verhalten. Daher brauchen sie individuelle Orientierungspunkte: Man kann den Themenbereich in viele kleine Schritte gliedern sowie verstärkt auf die Einhaltung von Regeln und Strukturen achten. Der/Die SchülerIn bedarf besonderer Beachtung und Feedback für sein/ihr Handeln, notfalls auch im gesonderten Training und mit Eingliederungsassistenten.

Schüler/innen mit Förderbedarf Geistige Entwicklung:

In Bezug auf das Unterrichtsthema stellen sich bestimmte Fragen: Was davon ist relevant für den/die SchülerIn? Was kann er/sie lernen? Welche Grundkompetenzen kann er/sie erlernen? In welcher Form wird zieldifferenter Unterricht angeboten? Dabei muss stets das Kerncurriculum für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung berücksichtigt werden.

Förderbedarf Lernen:

in Anlehnung an das jeweilige Curriculum werden Lerninhalte abgeschwächt. Bei Bedarf werden auch andere Materialien und gezielter Förderunterricht angeboten. Es sind mehrere unterschiedliche Niveaustufen zu berücksichtigen.

Autistische Schüler/innen:

Diese sind häufig sehr wissbegierig, brauchen aber mehr Ruhe. Wenn sie sich missverstanden fühlen, neigen sie manchmal zu plötzlichen und unkontrollierten emotinalen Reaktionen. Sie haben oft eigene Lernwege. Daher gilt es, Möglichkeiten zum Rückzug und für Auszeiten zu bieten, die Sozialkompetenz gezielt zu fördern, individuelle Arbeitsmöglichkeiten vorzusehen sowie eventuell eigenes Material und eigene Präsentationsformen zu bedenken. Die Mitschüler/innen müssen für Nähe und Distanz sensibilisiert werden. Wenn möglich, erfolgt die Beschulung nach jeweiligem Curriculum, wenn nötig, wird eine Eingliederungsassistenz empfohlen.

Förderbedarf Hören / Sehen:

Je nach individuellem Förderbedarf müssen Zusatzmaterialen und Hilfsmittel (visuell und/oder akustisch) bereitgestellt werden. Der mobile Dienst wird in die Arbeit einbezogen (s.o.).

Förderbedarf Körperlich-motorische Entwicklung (KME):

Für diesen Bereich gibt es eigenen Schulzweig an unserer Schule. Dieser kooperiert mit Parallelklassen und es gibt klassenübergreifende Lerngruppen. Bei schulischen Veranstaltungen aller Art wird eng zusammengearbeitet und der Sportunterricht findet gemeinsam statt (vgl. unser KME- Konzept).

Unterrichtsplanung

Die vorhandene sonderpädagogische Kompetenz wird genutzt, um die Unterrichtsvorbereitung auf die individuellen Bedarfe der Schülerinnen und Schüler auszurichten. Die individuellen Wahrnehmungen und Kompetenzen der SchülerInnen sind immer die Ausgangslage für die Planung, auch wenn sie nicht der Klassenstufe entsprechen. Die Bildungsangebote richten sich an den Bedarf jedes einzelnen Schülers. Unterstützungsmöglichkeiten werden individuell auf die einzelnen SchülerInnen hin geplant und gestaltet. Schüler erhalten passgenaue Unterstützung und Hilfen beim Lernen, der Wissensanwendung, der Kommunikation, der Mobilität, der Selbstversorgung, der interpersonalen Interaktion und der Wahrnehmung, um sich so selbstständig und selbsttätig wie möglich mit konkreten Aufgaben auseinandersetzen zu können.

Kerstin Martens, Koordinatorin Inklusion

Dr. Stefan Ahrens, Didaktischer Leiter

Stand: Mai 2020