Ausgangssituation
Bezugnehmend auf den Erlass zur Förderung von Bildungserfolg und Teilhabe von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache v. 01.08.2014 und die Rahmenrichtlinien für Deutsch als Zweitsprache bildet es unser Hauptanliegen, alle betroffenen Schülerinnen und Schüler individuell und durchgängig, d.h. solange es als erforderlich angesehen wird, intensiv zu fördern und sie beim Erwerb sprachlicher Fähigkeiten möglichst weitgehend zu unterstützen. Ziel wird sein, einen angestrebten Schulabschluss ohne sprachliche Nachteile erreichen zu können. Dabei muss zunächst auch ein Augenmerk auf den jeweils erreichten Alphabetisierungsgrad gelegt werden.
Gegenwärtig (November 2019) sind 101 Schülerinnen und Schüler an unserer Schule angemeldet, deren mangelnde Sprachkenntnisse eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht unmöglich machen bzw. erheblich erschweren. Diese Situation macht es erforderlich, eine Sprachförderung auf jeweils unterschiedlichem Niveau anzubieten.
Die Arbeit in der Sprachlernklasse
Kinder und Jugendliche ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen werden an unserer Schule in einer speziellen Sprachlernklasse unterrichtet. Dabei geht es hauptsächlich um Spracherwerb, aber auch um die Vermittlung von Arbeitstechniken, Sozialformen, Fachwissen sowie die Entwicklung sozialer, methodischer und auch interkultureller Kompetenzen. Die Sprachförderung in der Sprachlernklasse findet gesondert während der normalen Unterrichtszeit statt. In dieser werden zwischen 10 und 16 Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Jahrgänge zusammengefasst und gemeinsam unterrichtet. Neben dem mündlichen Spracherwerb wird auch das Beherrschen der Schriftsprache gefördert. Kinder und Jugendliche aus einem Herkunftsland, in dem nicht das lateinische Alphabet verwendet wird, müssen zunächst alphabetisiert werden. Der Unterricht in der Sprachlernklasse findet auf verschiedenen Niveaustufen statt, was den zeitweiligen Einsatz einer zweiten Lehrkraft erforderlich macht. Eine räumliche Differenzierung durch einen angrenzenden Differenzierungsraum ermöglicht so – neben dem Einsatz binnendifferenzierender Materialien – eine intensive Förderung.
Sinnvoll ist es auch, den Unterricht der Sprachlernklasse teilweise im verpflichtenden Bereich des teilgebundenen Nachmittagsbetriebs zu erteilen, denn in den Oberschuljahrgängen werden zu dieser Zeit unter anderem verschiedene Arbeitsgemeinschaften angeboten und das Lerntraining unterrichtet. Die AG-Teilnahme fördert dabei insbesondere die Integration in die Schulgemeinschaft.
Der Besuch der Sprachlernklasse dauert in der Regel bis zu einem Jahr, kann aber in besonderen Fällen auch verlängert werden. Inhaltlich liegt ihm der Lehrplan ‚Deutsch als Zweitsprache‘ zu Grunde. Sofern die Vermittlung fachlicher Inhalte anderer Fächer betroffen ist, orientiert sich diese an den jeweiligen Kerncurricula. Dabei ist insbesondere an Unterricht in den Fächern Mathematik und Englisch gedacht, der in den Sprachlernklassen mit der üblichen Wochenstundenzahl von Fachlehrern erteilt wird. Ergänzend wird, je nach sprachlichen und schulischen Möglichkeiten, Unterricht in weiteren Fächern angeboten. Hier kommen dann vor allem Sport und die Fächer aus dem Bereich der musisch-kulturellen Bildung in Betracht. Außerdem sind im Rahmen von jeweils einer Lerntrainingsstunde pro Woche Techniken zur Bewältigung allgemeiner schulischer Anforderungen zu erlernen. Hierunter fallen insbesondere etwa die Mappenführung und das Erlernen und Einüben basaler Arbeitstechniken. Bei nicht (oder nicht ausreichend) alphabetisierten Kindern verlagert sich der Fokus entsprechend. Angestrebt ist hier der Einsatz einer zusätzlichen Kraft (Erzieher/in), der die Komplexität der zu bewältigenden Aufgabe deutlich verringern würde. Ein/e Erzieher/in könnte in Zusammenarbeit mit der Sozialpädagogin darüber hinaus wichtige weitergehende pädagogische Maßnahmen außerhalb des Unterrichts im Rahmen des schulischen Umfelds begleiten.
Additive Sprachfördermaßnahmen
Mittels regelmäßiger mündlicher und schriftlicher Überprüfungen wird der Übergang von der Sprachlernklasse in eine Regelklasse durch das Klassenteam nach Absprache mit der Schulleitung festgelegt. Je nach individuell erreichter Niveaustufe werden die Schüler/innen den sich anschließenden Fördermaßnahmen zugewiesen. Für diejenigen, die noch einen erheblichen Förderbedarf in „Deutsch als Zweitsprache” haben, bietet die Schule den einjährigen Besuch eines Förderkurses nach Nr. 3.3 an, der fünf bis acht Wochenstunden umfasst. Hier erfolgt eine intensive Förderung in der deutschen Sprache, wobei aber auch die Vermittlung der Bildungssprache aus den einzelnen Fächern in den Fokus rückt, um die erfolgreiche Teilnahme am Regelunterricht zu ermöglichen. Für Schüler/innen, die zwei Jahre und länger in Deutschland sind, schließt sich, sofern erforderlich, der Besuch des Förderunterrichts nach Nr. 3.4 an, der in „Deutsch als Zweitsprache” oder in einer Fremdsprache (hier: Englisch) angeboten wird. Ferner bietet unsere Schule den Erwerb des Deutschen Sprachdiploms an. Individualisierte Fördermaßnahmen werden im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Teamsitzungen sowie in Verbindung mit unserem allgemeinen Förderkonzept geplant.
Integrative Sprachförderung
Die meisten Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache können sich im Alltag gut verständigen. Jedoch reichen diese Sprachkenntnisse oftmals nicht aus, um den Anforderungen der Bildungssprache in den einzelnen Unterrichtsfächern gerecht zu werden und adäquate Leistungen zu zeigen. Von daher besteht die Aufgabe eines jeden Unterrichts darin, die sprachliche Handlungsfähigkeit in Mündlichkeit und Schriftlichkeit zu fördern. Er zeichnet sich im Wesentlichen durch Sprachsensibilität aus. Die sprachlichen Lernziele müssen eng mit den fachlichen Lernzielen verknüpft werden. Für die Fachlehrkräfte besteht die Anforderung nun darin, geeignete Methoden in ihrem Fachunterricht einzusetzen, die ein Erlernen der fachspezifischen Bildungssprache ermöglichen. Konkret bedeutet dies, dass alle Kolleginnen und Kollegen dazu gehalten sind, Hilfestellungen im Hinblick auf den Wortschatz und die grammatikalischen Fähigkeiten zu geben. Geeignet sind z.B. ebenfalls das Einüben so genannter Chunks und die Visualisierung sprachlicher Operatoren, das Erstellen von Lernplakaten oder aber auch der Gebrauch eines geeigneten „Textknackers”.
Wir arbeiten kontinuierlich daran, das Vorgehen aller Kolleginnen und Kollegen bei der Sprachförderung unserer Schülerinnen und Schüler durch Fortbildungen und entsprechende Konferenzbeschlüsse zu systematisieren und zu einheitlichem Vorgehen zu gelangen.
Diagnoseverfahren und Dokumentation der individuellen Lernentwicklung
Neue Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft werden zunächst im Rahmen eines Aufnahmegesprächs hinsichtlich ihres Kenntnisstandes und ihres schulischen Werdeganges überprüft. Erscheint die Zuweisung zu einer Sprachlernklasse geboten, so erfolgt mittels der einschlägigen Diagnoseverfahren in Abstimmung mit den Deutschlehrkräften eine genaue Einschätzung des Bedarfs. Lese- und Textverständnis, Wortschatz, Satzbau und Grammatik sowie Rechtschreibung werden entsprechend getestet. Hierfür stehen u.a. zur Verfügung: 1. „Neu in Deutschland – Sprachkenntnisse und Lernvoraussetzungen ermitteln” (Klett, Stuttgart 2005), 2. Hinweise lt. SVBl 1/2006 („Verfahren zur Feststellung der deutschen Sprachkenntnisse bei neu einreisenden Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache”), 3. „Diagnostik & Förderung – leichtgemacht: Deutsch als Zweitsprache” (Klett, Stuttgart 2012).
Bei Kindern mit guten Vorkenntnissen, die dementsprechend einer Regelklasse zugeteilt werden, entspricht diesem Vorgehen die Teilnahme an der üblichen Lernstanderhebung, die zur Erstellung eines individuellen Förderplans führt. Der anzustrebende Zustand ist dabei die weitergehende Förderung nach Maßgabe der für alle Schülerinnen und Schüler üblichen Dokumentation der individuellen Lernentwicklung mit entsprechendem Förderplan. Somit sind dann die Sprachlernschülerinnen und
-schüler Teil des gewöhnlichen Verfahrens geworden, womit noch einmal die Bedeutung der möglichst weitgehenden Integration in den normalen Schulalltag betont wäre.
Abschließend ist zu bemerken, dass bereits mehrere Kollegen/innen an der einschlägigen Qualifizierungsmaßnahme „Deutsch als Zweitsprache”, organisiert vom Oldenburger Fortbildungszentrum, teilgenommen haben. Eine Kollegin steht mit ihrem vollen Stundendeputat für den Unterricht in der Sprachlernklasse zur Verfügung. Die ‚Beratungs- und Unterstützungsstelle Interkulturelle Bildung‘ wurde kontaktiert und in den konzeptionellen Prozess einbezogen. Ferner erfolgt eine Beratung durch das Sprachbildungszentrum mit Sitz in Oldenburg. Darüber hinaus sind wir Teil der „Professionellen Lerngemeinschaft Sprachförderung Wilhelmshaven”, die einen regelmäßigen Informationsaustausch anbietet.
Stand: November 2019